Der erste Widerstand
Hildegard aus Hard
Nach dem „Nein“ zum Segnen gleichgeschlechtlicher Paare des Vatikans regt sich in der katholischen Kirche Widerstand. Die Pfarre Hard hisst daraufhin eine Regenbogenfahne. Ein Tag später wurde sie von Unbekannten angezündet. Davon lässt sich Hildegard Rohner-Dobler, Seelsorgerin in der Pfarre Hard, nicht entmutigen. Mit Mission Pride teilt sie ihre Sonntagspredigt zum Thema und ihre entschlossene Zuversicht.
Liebe Frauen und Männer!
Liebe Gäste!
Es muss gesagt werden, dass die Aussage der Glaubenskongregation in dieser Woche mich und viele andere Menschen in unserer Pfarrgemeinde und in Hard schockiert haben.
Wie können wir Christen von der Würde aller Menschen reden und die Einhaltung verlangen, wenn es noch solche amts-kirchlichen Aussagen gibt? Wie können wir darauf reagieren?
Wie können wir unsere Haltungen und Standpunkte öffentlich machen?
Die biblischen Texte geben uns Impulse und klare Botschaften! Der Prophet Jeremia spricht zum Volk Juda und Israel neue Worte über Gottes Bund zu den Menschen. Gott will immer wieder einen neuen Bund mit den Menschen ließen. Er ist ein Gott der rettet. Ein Gott der mit den Menschen geht. Ein Gott der die Menschen hört! Ein Gott der da ist! Ein Gott der das Leben will und nicht den Tod!
Der Gott, der die Menschen aus der Versklavung in Ägypten geführt hat. Sie haben gemurrt und doch die Weisungen Gottes für ein gutes Zusammenleben übernommen. Sie konnten diesen Bund brechen, denn sie stellten sich über die Menschen und über Gott selbst.
Gott geht den Menschen nach, er hält die Konflikte aus und begleitet die Menschen zu einem neuen Bund. Er legt seine Weisung in das Innere der Menschen, in ihr Herz. Das Tun der Menschen wird von dieser Weisung in ihren Herzen geführt werden.
„Ich werde ihnen Gott und sie werden mir Volk sein!“ Die Menschen werden in Würde und Verantwortung freie Männer und freie Frauen sein!
Diese Worte zeigen uns, was wir heute sein können und wie wir uns für die Würde aller Menschen einsetzen können.
Zwei wichtige Sätze stehen in dieser Bibelstelle: „Sie werden einander nicht mehr belehren und weder zu den Mitmenschen noch unter den Geschwistern sagen: Lerne Gott kennen! Denn sie alle werden mich kennen, alle von Klein bis Groß – so Gottes Spruch.“
Der Vatikan sagt „Nein“ zur Segnung homosexueller Paare, weil das der göttlichen Schöpfungsordnung widerspreche. Die Glaubenskongregation scheint sich sehr sicher zu sein, den Willen Gottes zu kennen. Diese Lehramtsmeinung des Vatikans steckt in einer Morallehre fest, die in den fünfziger Jahren formuliert worden ist. Die Entwicklungen in der Vielfalt an sexuellen Orientierungen, in der Humanwissenschaft und Gleichstellungsgesetzten werden ausgeblendet. Sogar die theologischen Entwicklungen der letzten 50 Jahre werden hier nicht wahrgenommen.
„Das kann nicht Gottes Wille sein!“
Alle verbindlichen Partnerschaften, ob homosexuelle oder heterosexuelle verdienen Respekt, Wertschätzung und Würde. Es geht in allen liebenden Beziehungen, um das moralisch Gute, um Treue, Fürsorge, Verantwortung und Verpflichtung. Das – ist doch segenswürdig!
Eine Segensfeier können Priester und Diakone und auch Männer und Frauen vorstehen, die als Gottesdienstleiter*innen beauftragt sind. (Stadtdekan zu Eltz, Frankfurt)
Segnungen sind keine Sakramente, ihr Wirkungskreis ist offener, auch Nichtkatholiken können gesegnet werden. „Jeder getaufte Christ, jede getaufte Christin“ kann einer anderen Person „mit einem Zeichen Christi“ – dem Kreuzzeichen – segnen. Eltern können ihre Kinder segnen, oder Ehepartner einander.
Gott sprach: „Denn alle Menschen werden mich kennen, alle von Klein bis Groß!“
Zwei Menschen die sich lieben – die um einen Segen bitten und sich wünschen, sie sind segnungswürdig! Wir dürfen uns nicht über andere Menschen stellen und ihnen ihre Gottesbeziehung absprechen und beurteilen – das wäre eine große Verfehlung, eine Unmenschlichkeit und Sünde.
Deshalb darf die Kirche niemandem vom Segen ausschließen. Unsere Aufgabe ist es, Segen zu sein. Der Segen selbst kommt von Gott – und ist Gott sei Dank nicht von dem oder der Segnenden abhängig.
In einer Woche feiern wir die Karwoche.
Jesus sprach: „Die mir dienen, sollen mir folgen; und wo ich bin, dort werden auch die sein, die mir dienen.“
Was kann es für uns Christen heute heißen zu dienen? Der frohen Botschaft Jesu, den Weisungen in unseren Herzen zu folgen?
„Jetzt ist meine Seele aufgewühlt. Und was soll ich sagen? Du, Gott errette mich aus dieser Stunde? Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen.“
Die Ereignisse in diesen Tagen haben uns aufgewühlt!
Die Kirche muss sich weiter entwickeln, wenn sie weiter in der Welt sein will. Möchte die Kirche mit den heutigen Menschen zusammenleben, muss sie sich öffnen für eine verbindliche Mitbestimmung, Gewaltenteilung, Machtkontrolle und demokratische Strukturen.
Gott lässt seinen Bund auch heute unter uns aufstrahlen! Gott schenkt uns seine überwältigende Zusage: Ich bin bei Dir! Du bist von mir geliebt! Er ist für das Leben und akzeptiert keine Demütigungen und Ausgrenzungen. Gott wurde Mensch in Jesus Christus, damit wir seine Liebe mit Leib und Seele erfahren werden. Er stärkt uns im Heiligen Geist, dass wir das tun, was gut ist.
All das feiern wir jetzt in der Eucharistiefeier.
Wir werden immer wieder diesen neuen Bund feiern! Als von Gott geliebte und erwählte Menschen, die für das Leben einstehen und aufstehen gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Entwürdigung. Menschen, die zivil Ungehorsam sein werden!
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