Vom Wunsch des einfachen Lebens
Marlies aus Weiler*
*Marlies‘ Name und Wohnort wurden im Sinne des Outingschutzes geändert. Menschen wie Marlies leben überall in Vorarlberg. Weiler wurde per Zufallsprinzip ausgewählt.
Marlies Walser aus Weiler hat mit gleichgeschlechtlich liebenden Menschen kein Problem. Doch als ihre eigene Tochter Iris sich outet, ist es dann doch nicht ganz so einfach. Eine Geschichte über die Sorgen einer Mutter und Bewunderung für den Mut von LGBTIQ-Menschen.
Eigentlich ist das ja alles kein Thema mehr. Die Tochter der Freundin ist lesbisch, der Ex-Mann der Bekannten hat sich letztens als schwul geoutet, und eine Transfrau ist bekannt und sichtbar in Weiler. Wenn es aber die eigene Familie betrifft, dann müsse man erst mal drei Mal schlucken. „Ich habe mich gefragt, ob wir als Eltern etwas falsch gemacht haben könnten. Und insgeheim haben wir gehofft, dass diese Phase von Iris vielleicht vorüber geht.“, beschreibt Marlies Walser die Zeit nach dem Outing ihrer Tochter. Die Sorgen nährten sich aus einem Wunsch: Dem Wunsch, dass die Tochter ein einfaches Leben führen kann. Eines mit männlichem Partner, einem weißen Hochzeitskleid und ohne Situationen, in denen man sich rechtfertigen muss. „Aber, wenn ich mich selbst hinterfrage, dann muss ich zugeben, dass ich mir dieses einfache Leben eigentlich für mich selbst gewünscht habe. Dass ich mich nicht rechtfertigen muss, für etwas, das ich nicht verstehe.“, fügt Marlies Walser hinzu. Denn manchmal sei der Knackpunkt doch die Frage, was die anderen denken könnten. „Als ich engen Freundinnen von Iris’ Partnerin erzählt habe, bin ich schon auf Nadeln gesessen. Es ist alles gut gegangen. Aber man macht sich eben seine Gedanken…“
„Mir fehlt dazu der Mut“
LGBTIQ-Menschen haben heutzutage ihren Platz in der Gesellschaft und die jungen Menschen machen sich doch keinen Kopf mehr darum, davon ist Marlies Walser überzeugt. Dass es noch Menschen gibt in Vorarlberg, die sich nicht outen können, macht Marlies Walser trotzdem betroffen: „Das ist doch schlimm. Da geht es auch um Lebensqualität. Wenn ich daran denke, dass manche auch Scheinehen eingehen, dann finde ich das besonders schlimm für die Partner*innen.“ Marlies Walser wäre es also lieber, wenn man zu sich stehen kann. Auf die Frage, ob man innerhalb der Gesellschaft hier auch etwas bewirken könnte, damit das einfacher wird, antwortet Marlies: „Einerseits glaube ich, dass diese Themen in Weiler keinen Platz haben, gerade wenn ich mich an die ein oder andere abfällige Bemerkung dazu erinnere, andererseits finde ich es schwer als Beteiligte, also als Mutter einer lesbischen Tochter diese Themen anzugehen. Kurzum: Mir fehlt dazu der Mut.“ Der Mut ist es, den Marlies an LGBTIQ-Menschen bewundert – vor allem jenen, der eigenen Tochter. „Wenn ich sehe, wie Iris ihr Leben mit all den Problemen meistert, dann bin ich sehr stolz auf sie. Da ist es dann egal, ob sie im Hochzeitskleid oder Anzug heiratet. Es ist ihr Leben. Und ich bin froh, dass sie glücklich ist.“
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