Mister Australasia Bear kommt aus Bildstein!
Patrick aus Bildstein
Patrick Greber aus Bildstein engagiert sich leidenschaftlich in der australischen LGBTIQ-Community – 2016 wurde er dafür sogar zum Mr. Australasian Bear gekürt. Sein Einsatz hat viel mit seiner Heimat Vorarlberg zu tun: Denn Patrick wünscht sich, dass sich nie wieder jemand so alleine fühlt, wie er als Jugendlicher im Ländle.
„Meinen ersten Freund habe ich an der Raststätte in Rankweil kennengelernt.“ Patrick kannte sonst kaum Orte, an denen man andere LGBTIQ-Menschen kennenlernen konnte. Neben überwiegend schwulen und bisexuellen Männern traf er hier auch Transmenschen. „Ich werde nie diese Transfrau vergessen, die zu mir sagte, sie könne nur nachts der Mensch sein, der sie sei. Das hat bei mir etwas ausgelöst.“, erinnert sich Patrick.
Seine Beziehung in Vorarlberg war für Patricks Partner immer mit Scham und der Angst vor Ausgrenzung verbunden. „Mein erster Freund konnte erst dann meine Hand im Auto halten, wenn wir über die Grenze zur Schweiz gefahren sind. Erst als wir aus Vorarlberg raus waren, hat er sich sicher genug gefühlt, mich zu umarmen.“ Manchmal lernte Patrick auch im Alltag schwule Männer aus der Region kennen, die aber meistens ungeoutet waren. Getroffen hat man sich dann heimlich nachts zuhause, ein Frühstück am nächsten Morgen gab es nicht, denn um 5:30 Uhr musste man verschwinden, bevor der Nachbar etwas mitbekommen könnte.
„Ich glaube, Vorarlberg ist so kleinkariert, weil man einfach nicht genug über uns spricht und uns verheimlicht. Sogar wir selbst verheimlichen unsere Identitäten.“ Patrick meint damit die vielen Menschen in Vorarlberg, die ungeoutet ein Doppelleben führen – vielleicht auch führen müssen. „Das macht etwas mit dir. Je mehr man solche Menschen im Heimlichen kennenlernt, desto mehr hat man das Gefühl, dass man sich selbst verstecken muss.“
Sich sicher fühlen
Ganz ein anderes Bild zeichnet Patrick von Melbourne, wo er seit sieben Jahren lebt. Hier ist die Community bunt, divers und sichtbar. Egal ob Lipstick Lesbians, Gay Bears oder Fetish people: Alle halten zusammen, unterstützen sich und fühlen sich wie ein Teil eines großen Ganzen. „Das war für mich wie ein Traum. Veranstaltungen, bei denen nicht nur fünf sondern Hunderte von Leuten sind. Ausgelassen tanzen, ungezwungen flirten, mich so zu zeigen, wie ich bin. Aber das Wichtigste war, dass ich mich einfach sicher gefühlt habe.“
Sicher hat sich Patrick in seiner Jugend im Ländle nämlich nicht gefühlt. In der Schule wurde er ausgegrenzt und als er sich zu seiner Sexualität bekannte, hat er einige Freund*innen verloren. Was Patrick aus seiner Heimat jedenfalls nicht vermisst, sind die dummen Fragen, die in Vorarlberg immer wieder gestellt werden. „Wer ist der Mann und wer die Frau?“, „Wie hast du überhaupt Sex?“, „Warum sind alle Schwulen so hübsch?“…Einerseits sei es schön, wenn Menschen interessiert Fragen stellen. Aber irgendwann werde es einfach zu viel. Und diese Fragen zeigen letztendlich, dass LGBTIQ-Menschen als ‚anders’ wahrgenommen werden und deshalb auch ‚anders’ behandelt werden – meist im negativen Sinne.
„Ich kann was verändern“
Am meisten verbunden fühlt sich Patrick mit der Bärenszene in Melbourne. Als Bär bezeichnet man in der schwulen Community Männer die behaart sind, Bärte tragen und kräftig sind – so wie Patrick. Historisch gesehen hat sich diese Szene gegründet als eine Gegenreaktion zur Mainstream-Gay-Culture, in der alle Männer schlank, athletisch und unbehaart waren. „Es geht bei den Bären deshalb um Body Positivity und mittlerweile ist die Community auch offen für schlanke Menschen: Weil es vor allem darum geht, sich in seiner Haut wohl zu fühlen.“
Wie aber wird man zu einem Mister Bear, also einem Repräsentanten dieser Community? Für Patrick sind es letztendlich die Erfahrungen, die er in Vorarlberg gemacht hat. Bei der Wahl erzählte er über seine Jugend im Ländle, und vom Gefühl, alleine zu sein. Das hat berührt und ihm zum Sieg verholfen. Das Erste, das Patrick als Mr. Bear Australasia umsetzte, war eine Fundraising-Kampagne, mit der er 20.000$ für eine psychologische Beratungsstelle für LGBTIQ-Menschen sammelte.
Was könnte einen engagierten Menschen wie Patrick wieder nach Vorarlberg ziehen lassen? „Ich liebe Europa mit seinen vielen Kulturen und ich liebe Vorarlberg für seine schöne Landschaft. Aber wenn ich jemals zurückkommen sollte, dann muss nicht Vorarlberg etwas ändern, sondern ich bin es, der etwas verändern muss. Denn darauf warten, dass es die anderen tun, kann man lange.“
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