Wenn scho,
denn ghörig!
Michael und Damian aus Krumbach
Schaffa, schaffa, Hüsle baua: Michael und Damian sind ein fast schon zu gewöhnliches Paar aus dem Bregenzerwald. So gewöhnlich, dass einer von beiden auch mal mit Frau Feuerstein angesprochen wird. Eine Geschichte über das Irritieren durch Normalität.
Es war eine Hochzeit mit allem drum und dran: Standesamt, Pfarrer, Einkehren im Dorfgasthof und eine Limousine auf dem Weg dahin. Das Motto der Frischvermählten: „Wenn scho, denn ghörig!“ Einen kleinen bitteren Beigeschmack hatte die Hochzeit trotz allem, denn streng genommen handelte es sich um eine Verpartnerung. Da Michael und Damian das erste schwule Paar war, das in Hittisau heiraten wollte, wurde leider erst kurzfristig vor der geplanten Hochzeit bekannt, dass die beiden laut Gesetz gar nicht heiraten dürften. Trotz der Einführung der Ehe für alle mit 1.1.2019 blieb diese binationalen Paaren verwehrt, wenn es im Heimatland kein entsprechendes Gesetz gebe – und Damian ist Schweizer Staatsbürger. Aber weil die Limousine und auch alles andere schon gebucht war, haben sich die beiden pragmatisch für eine Verpartnerung entschieden. Und am schönsten Tag im Leben hat das zum Glück nichts geändert: Es wurde gefeiert, gesungen und getanzt bis spät in die Nacht in der Krone in Langenegg.
Mehr Sichtbarkeit im Wald
Dass sich Michael erst mit 23 Jahren geoutet hat, bereut er heute: „Ich kannte einfach niemanden. Man hat nie darüber im Wald gesprochen. Ohne meinen ersten PC und dem Internet wäre ich selbst wohl nie drauf gekommen, dass ich schwul sein könnte.“ Darum wünscht sich Michael generell mehr Sichtbarkeit, auch im Bregenzerwald, in dem es immer noch viele Menschen gebe, die sich ein Leben lang verstecken würden. Nachvollziehbar sei das allemal, denn mit einem Outing könne die ganze Familie belastet werden. Obwohl es Michaels Eltern wortwörtlich „wurscht“ ist, ist die Situation für einen seiner Brüder nach wie vor schwierig. Er weicht dem Paar aus, meidet in der Öffentlichkeit Gespräche über die beiden und empfindet Scham für seinen schwulen Bruder. „Mein Bruder kam nicht zur Trauung, aber immerhin zum Abendessen. Das allerdings nur, weil der Nachbar ihn überredete.“, erzählt Michael mit einem Achselzucken und hängt an: „Soll er halt mache!“
„Liebe Frau Damian Feuerstein“
Immer wieder gerät das Paar in Situationen, in denen sie sich ihren Mitmenschen erklären müssen. „Ich glaube, die Medien haben über Jahre so ein Klischee-Bild gezeichnet, sodass wir hier im Wald mit unserer gewöhnlichen Art eher irritieren.“, meint Damian. Da ist zum Beispiel der Makler, der die Wohnung der beiden betritt und nicht fassen kann, dass die beiden nicht tuntig wirken. Da ist die Studienkollegin, die etwas zu intime Fragen stellt, weil sie sich Sex zwischen zwei Männern nicht vorstellen kann. Und da ist die Bankangestellte, die einen der beiden mit „Frau Damian Feuerstein“ anschreibt. „Es ist schon gut, wenn die Leute nachfragen, aber manchmal ist es auch einfach mühsam, sich immer erklären zu müssen. Generell finden wir aber, dass sich viel getan in den letzten fünf Jahren. In vielen Serien kommen Schwule in Alltagssituationen vor, und das schauen sich auch die Älteren an und lernen dazu.“, so Damian.
Im Kleinen lässt sich viel bewirken
Dazu gelernt haben auch manche Wälder, aber nicht durch die Medien, sondern einfach weil Damian und Michael so sind, wie sie sind: Ein glückliches Paar, das sich nicht versteckt und genauso sichtbar ist, wie jedes andere Paar auch. Besonders berührt hat die beiden die Geschichte eines älteren Wälder Ehepaars, das im Vorfeld lange mit der Einladung zur schwulen Hochzeit gehadert hatte. Sie sind nach langem Hin und Her dann doch gekommen und haben es nicht bereut. Am Ende der Hochzeit kam dieses Ehepaar zu Michael und Damian, bedankte sich, und meinte, dass es einer der schönsten Hochzeiten war, auf denen es je gewesen sei. Und an einen Satz der beiden erinnert sich Michael besonders gut: „Durch euch haben wir ganz ein anderes Bild von Schwulen!“