LGBTIQ auf die Tagesordnung bringen
Johannes aus Mellau
Als Politiker nicht auf die Sexualität reduziert werden und trotzdem offen mit seiner Sexualität umgehen ist kein Widerspruch, meint Johannes Gasser von den NEOS. Als erster offene schwule Landtagsabgeordneter kann er jedenfalls eines: LGBTIQ-Themen ins Gedächtnis der Landespolitik rufen.
Es sind erst die ersten Wochen, in denen Johannes Gasser Landtagsabgeordneter ist, jeder Tag fühlt sich noch wie ein Neuanfang an. Und doch wurden durch ihn bereits LGBTIQ-Themen im Landtag behandelt. Bei der Verhandlung zum Landesbudget 2020 beispielsweise, stellt Gasser Rückfragen zu Förderungen von LGBTIQ-nahen Vereinen, es geht um mögliche Strukturförderungen und um die Frage, wie der neu eingeführte Passus des Regierungsprogramms zu LGBTIQ umgesetzt werden kann. Dass LGBTIQ-Themen im Land bisher oft unter den Tisch gefallen sind, sei laut Gasser keine Böswilligkeit, sondern ein Ergebnis von Unsichtbarkeit. „Es ist für mich als offen schwuler Landtagsabgeordnete natürlich einfacher, diese Themen anzusprechen und ins Gedächtnis des Landtags zu rufen. Es freut mich, dass ich als Politiker andere Möglichkeiten habe, etwas für die Community zu bewirken, auch wenn ich nicht finde, dass man das unbedingt tun muss, wenn man schwul ist. Mir ist es eben ein Anliegen.“ Dennoch sei es ein schmaler Grad, auf dem man wandere, denn schnell könnte man auf diese Themen reduziert werden. Glücklicherweise gebe es auch andere Abgeordnete, die sich diesen Themen widmen, und mit denen könne man wertvolle Allianzen eingehen.
Von der freien Entscheidung
„Ich bin überzeugt davon, dass alle Menschen frei entscheiden können sollen, ob sie sich outen oder nicht. Dabei ist eines wichtig zu berücksichtigen: Solange Menschen mit negativen Konsequenzen bei einem Outing rechnen müssen, handelt es sich um keine freie Entscheidung.“ Was gibt es also noch zu tun in Vorarlberg, damit Menschen nicht mit negativen Konsequenzen rechnen müssen? „Je mehr Menschen sich outen, auch jene, die in der Öffentlichkeit stehen, desto eher wird sich die Einstellung der Leute ändern.“, meint Gasser, der überzeugt ist, dass sich in dieser Hinsicht in Vorarlberg in den letzten Jahren viel getan hat. Wichtig sei Gasser, LGBTIQ-Themen gesamtgesellschaftlich relevant und anschlussfähig zu verhandeln. Die Botschaft: Wenn wir alle in unserer Gesellschaft so sein können, wie wir sind, profitieren alle.
In Wien belächelt, doch Vorarlberg ist inklusiv
Wenn man in Wien erzähle, dass man zurück nach Vorarlberg ziehe, dann werde man von den anderen eher belächelt. „Ohne zu dramatisch zu sein: Aber ich sehe es auch als eine Verantwortung, nicht nur in urbanen Städten sichtbar zu sein, sondern auch dort, wo es noch was zu tun gibt.“ Für Gasser ist Vorarlberg eine besonders lebenswerte Region und viel moderner, als sich das Bundesland vielerorts präsentiert. Von daher gibt es für ihn keinen zwingenden Grund, in einer großen Stadt zu wohnen. Nichtsdestotrotz ist Gasser bewusst, dass es viele Vorarlberger*innen gibt, die sich nicht vorstellen können, als LGBTIQ-Mensch zurück nach Vorarlberg zu ziehen. Dabei erscheint Gasser die Community in Vorarlberg zwar nicht groß zu sein, dafür aber weitaus inklusiver als in großen Städten. Während sich in Wien die Community mehr und mehr auseinander dividiert, scheinen in Vorarlberg – auch, weil es aufgrund der Größe wohl keine andere Möglichkeit gebe – alle an einem Strang zu ziehen. Und das hilft Gasser auch als Politiker: Die Themen, die in der Community brennen, gelangen so ganz schnell auf direktem Weg zu ihm. Und somit als Tagesordnungspunkt im Vorarlberger Landtag.